Wie hybrides Arbeiten die seelische Gesundheit beeinflusst – und was Sie tun können

von Dr. Eva Kinast — Kategorie: Digitalisierung
Wie hybrides Arbeiten die seelische Gesundheit beeinflusst – und was Sie tun können - Coaching

Spätestens seit der Corona-Pandemie sind das Arbeiten aus dem Home-Office sowie Remote Leadership zum „neuen Normal“ für viele Mitarbeiter und Führungskräfte geworden. Laut einer Studie, für die der Bundesverband der Personalmanager*innen (BPM) 2022 mehr als 240 Führungskräfte befragt hat, soll das auch so bleiben: 79 % der Befragten bewerten demnach hybrides Arbeiten grundsätzlich positiv und möchten in Zukunft weiterhin in einem Mix aus Präsenz und Remote Work arbeiten.

Die Studie des BPM verschweigt jedoch auch nicht die Schattenseiten des digitalen Arbeitens: 46 % der Führungskräfte haben ein Anwachsen der Überstunden festgestellt, 56% bemerkten verstärkt Anzeichen von Erschöpfung bei ihren Mitarbeitern. Die seelische Gesundheit leidet unter Begleiterscheinungen von Remote Work wie z.B. dem Gefühl dauernder Erreichbarkeit und dem Verschwimmen der Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem. Aber auch die Rückkehr ins Büro nach vielen Monaten im Home-Office ist für viele Menschen mit sozialen Ängsten und anderen Stressfaktoren verbunden.

Erkenntnisse, die von der Studie #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung, die im März 2023 veröffentlicht wurde, bestätigt werden: Die dort befragten Personal- und Gesundheitsentscheider gehen davon aus, dass hybrides Arbeiten und die damit einhergehenden Folgen für die psychische Gesundheit künftig eine noch größere Rolle für Unternehmen spielen werden. Fast 40 % geben zu Protokoll, dass Belastungen am Arbeitsplatz wie Burnout, Überforderung und Depressionen bereits jetzt eine „eher große“ bzw. „große“ Bedeutung in ihren Unternehmen spielen. Und bemerkenswerte 70 % erwarten in den kommenden drei Jahren sogar eine Verschärfung dieser Situation.

Mental Health als Führungsaufgabe beim hybriden Arbeiten

Ein Papier des Deutschen Bundestages vom Dezember 2020, das das Thema „Hybrides Arbeiten“ beleuchtet, schlussfolgert: „Die Entwicklung in Richtung hybrides Arbeiten erfordert von Unternehmen vor allem Investitionen in die betriebliche Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Ebenso ist aufgrund der zeitlichen und örtlichen Flexibilisierung der Leistungserbringung ein Kulturwandel in der Arbeitsorganisation vonnöten.“ Mit anderen Worten: Die Unternehmensführungen sind gefordert, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, dass der veränderten Arbeitsrealität gerecht wird.

Dazu gehört v.a. ein funktionierendes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – und zwar rechtlich bindend. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber zum Schutz ihrer Mitarbeiter – nicht nur im klassischen Sinne, z.B. durch Maßnahmen zur Arbeitssicherheit. Unternehmen müssen bereits seit 2013 laut §5 auch eine Psychische Gefährdungsbeurteilung (PGB oder GB Psych) für ihre Mitarbeiter erstellen – sowie wirksame Schutzmaßnahmen ergreifen (einen hilfreichen Beitrag dazu verlinke ich Ihnen hier).

Ein fest etabliertes Betriebliches Gesundheitsmanagement jedoch führt in den meisten deutschen Unternehmen noch ein Schattendasein: Laut #whatsnext-Studie verfügen bisher weniger als ein Drittel der rund 1.100 befragten Unternehmen und Einrichtungen des Öffentlichen Dienstes über ein ganzheitliches BGM. Und knapp 9 % der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern überhaupt keine Maßnahmen zur Gesundheitsförderung an. In rund der Hälfte der Unternehmen fällt das Budget, das für BGM bereitgestellt wird, nach Aussage der Studienautoren „überschaubar“ aus: weniger als 10.000 Euro bis gar kein Budget. Außerdem kamen im Jahr 2022 laut einer Forsa-Studie lediglich 31 % der Unternehmen ihrer Verpflichtung zur Psychischen Gefährdungsbeurteilung ihrer Mitarbeiter nach – die übrigen 69 % verstießen somit gegen das Arbeitsschutzgesetz.

Das können Sie konkret tun

Sind Ihnen als Führungskraft angesichts dieser unbefriedigenden Ausgangslage in Sachen Mental Health-Fürsorge am Arbeitsplatz nun die Hände gebunden? Keineswegs. Denn auch, wenn Ihr Unternehmen (noch) über kein üppiges Budget für Betriebliches Gesundheitsmanagement verfügen sollte, können Sie etwas tun, um sich und Ihre Mitarbeiter vor negativen Folgen hybrider Arbeit zu schützen.

  • Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern und verschaffen Sie sich einen Überblick, wie es um die Belastung jedes einzelnen bestellt ist.
  • Etablieren Sie Kommunikationsstrukturen, die Ihre Mitarbeiter dazu ermutigen, im Bedarfsfalls zu Ihnen zu kommen und angstfrei über Belastungen zu sprechen.
  • Prüfen Sie, ob Arbeitsbelastungen fair verteilt sind – und schützen Sie ihre High Performer im Notfall vor sich selbst.
  • Ergreifen Sie Maßnahmen, die die Resilienz stärken.
  • Investieren Sie aktiv in Burnout-Prävention.
  • Prüfen Sie, wo flexible Arbeitszeitmodelle Entlastung schaffen können.
  • Werben Sie auf höchster Führungsebene für das Thema Mental Health – vielleicht ist die Dringlichkeit dieses Themas dort bisher einfach noch nicht angekommen. Verwenden Sie dafür gerne die Fakten, die ich in diesem Artikel dazu für Sie zusammengetragen haben.

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