
Coaching ist heute ein fester Bestandteil moderner Personalentwicklung. Ob es darum geht, Führungskompetenzen auszubauen, Konflikte zu klären oder den Umgang mit Stress zu verbessern – Coaching kann wertvolle Impulse setzen. Doch wie lässt sich die Wirksamkeit von Coaching professionell erfassen? Genau hier kommt ein bewährtes Evaluationsmodell ins Spiel: das Kirkpatrick-Modell.
In diesem Artikel zeige ich, wie sich dieses Modell auf Coaching übertragen lässt – inklusive eines anschaulichen Praxisbeispiels.
Was ist das Kirkpatrick-Modell?
Das Evaluationsmodell von Donald L. Kirkpatrick wurde in den 1950er Jahren entwickelt und gilt bis heute als Klassiker der Weiterbildungsevaluation. Ursprünglich für Trainingsprogramme gedacht, lässt es sich auch hervorragend auf Coaching anwenden. Das Modell unterscheidet vier Ebenen, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Wirkung erfassen:
- Reaktion: Wie wurde das Coaching erlebt?
- Lernen: Welche Erkenntnisse wurden gewonnen?
- Verhalten: Was hat sich im Alltag verändert?
- Ergebnisse: Welche Wirkung zeigt sich im Umfeld?
Diese vier Ebenen bauen logisch aufeinander auf, können aber auch einzeln betrachtet werden. Schauen wir uns das genauer an – anhand eines konkreten Beispiels.
Coaching in der Praxis: Frau Schneider auf dem Weg zur besseren Führung
Frau Schneider* (*Name geändert) ist Abteilungsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen. Sie entscheidet sich für ein sechsmonatiges Einzelcoaching, weil sie das Gefühl hat, im Führungsalltag oft nicht klar genug zu kommunizieren. Das Ziel: mehr Klarheit, bessere Kommunikation, souveränere Führung.
Das Evaluationsmodell von Kirkpatrick bietet hier einen strukturierten Rahmen, um die Wirkung des Coachings transparent zu machen.
1. Reaktion im Kirkpatrick-Modell: Wie wurde das Coaching erlebt?
Direkt nach jeder Sitzung füllt Frau Schneider ein kurzes Feedbackformular aus. Die Fragen sind einfach gehalten: „Wie hilfreich war die Sitzung?“, „Wie klar war der Coachingprozess?“ Am Ende des Prozesses gibt es ein ausführlicheres Abschlussfeedback.
Das Ergebnis: Frau Schneider vergibt im Durchschnitt 9 von 10 Punkten. Besonders hebt sie hervor, dass sie sich im Coaching ernst genommen fühlte und Raum für Reflexion hatte. Das Coaching wurde also als wertvoll und stimmig erlebt – ein erster wichtiger Indikator.
2. Lernen im Kirkpatrick-Modell: Welche Erkenntnisse wurden gewonnen?
In einem Rückblickgespräch mit dem Coach reflektiert Frau Schneider, was sie gelernt hat. Dabei wird deutlich:
- Sie hat erkannt, dass sie konfliktscheue Verhaltensmuster zeigt.
- Sie hat neue Perspektiven auf Führung gewonnen.
- Sie hat Werkzeuge zur klaren Kommunikation kennengelernt.
Diese inneren Lernprozesse – oft schwer messbar – sind im Coaching zentral. Das Evaluationsmodell hilft, sie bewusst zu machen und sichtbar zu dokumentieren.
3. Verhalten im Kirkpatrick-Modell: Was hat sich im Alltag verändert?
Drei Monate nach Coachingabschluss gibt es ein Follow-up. Frau Schneider berichtet, dass sie nun regelmäßige Feedbackgespräche mit Mitarbeitenden führt – etwas, das sie vorher vermieden hat. Auch die Kommunikation in Meetings hat sich verändert: strukturierter, klarer, präsenter.
Zusätzlich holt der Coach (nach Zustimmung) eine Rückmeldung der direkten Vorgesetzten ein. Diese bestätigt die beobachteten Veränderungen. Damit zeigt sich: Das Gelernte wurde im Alltag umgesetzt – ein zentrales Kriterium für nachhaltiges Coaching.
4. Ergebnisse im Kirkpatrick-Modell: Welche Wirkung zeigt sich im Umfeld?
Sechs Monate später führt das Unternehmen eine anonyme Teamklima-Befragung durch. Die Ergebnisse sind deutlich:
- Die Zufriedenheit im Team steigt von 70 % auf 85 %.
- Die Mitarbeitenden berichten von besserer Kommunikation und mehr Klarheit.
- Zwei Teammitglieder, die zuvor an Kündigung gedacht hatten, entscheiden sich zu bleiben.
Natürlich lassen sich diese Effekte nicht allein dem Coaching zuschreiben. Aber sie sind plausible Hinweise auf eine positive Systemwirkung, die durch das Coaching mit angestoßen wurde.
Warum lohnt sich ein Evaluationsmodell im Coaching?
Viele Coachingprozesse laufen erfolgreich – aber ihre Wirkung bleibt oft im Verborgenen. Mit einem strukturierten Evaluationsmodell wie dem von Kirkpatrick lassen sich Coachingmaßnahmen greifbarer, nachvollziehbarer und auch gegenüber Dritten transparenter machen.
Gerade in Organisationen, die Coaching als strategisches Entwicklungsinstrument nutzen, ist eine Evaluation mehr als ein „nice to have“ – sie ist ein professioneller Qualitätsnachweis.
Fazit: Evaluieren schafft Mehrwert – für Coachees und Organisationen
Das Kirkpatrick-Modell ist ein praxisnahes, flexibel anpassbares Evaluationsmodell, das auch im Coaching seinen Platz hat. Es hilft dabei, Erfolge sichtbar zu machen – nicht nur auf der Gefühlsebene, sondern auch im Verhalten und im System.
Coaching bleibt ein zutiefst individueller Prozess. Aber gute Wirkung darf – und sollte – sichtbar gemacht werden. Mit der richtigen Evaluation gelingt das ganz ohne bürokratischen Aufwand, sondern mit Klarheit, Tiefe und Wirkung.
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