Angstbasierte Führung: Schwäche vermeiden oder Fehler fürchten?

von Dr. Eva Kinast — Kategorie: Führung
Was sehen Führungskräfte, wenn sie in den Spiegel blicken? Angstbasierte Führung entsteht oft aus Prägungen, die das Selbstbild verzerren – zwischen dem Wunsch nach Stärke und der Furcht vor Fehlern.

Führung beginnt oft viel früher, als wir denken – nämlich in unserer eigenen Lebensgeschichte. Unbewusste Muster, alte Prägungen und emotionale Dynamiken können unser Führungsverhalten stärker beeinflussen, als uns lieb ist. Eine Theorie des Psychologen und Coaches Bernd Frederich beschreibt genau das: Er unterscheidet zwei zentrale Stile angstbasierter Führung – den einen, der Schwäche vermeiden will, und den anderen, der Fehler fürchtet.

Diese Unterscheidung ist nicht nur spannend für die Selbstreflexion, sondern hochrelevant für den Führungsalltag. Denn ob Sie (unbewusst) führen aus Angst vor Kontrollverlust, Kritik oder Unzulänglichkeit – Ihr Verhalten wirkt auf Ihr Team, Ihre Unternehmenskultur und Ihren Erfolg.

Was bedeutet angstbasierte Führung überhaupt?

Angstbasierte Führung – auch als reaktive oder vermeidende Führung bekannt – ist ein Führungsstil, der nicht aus einem klaren Selbstverständnis heraus handelt, sondern aus einer inneren Abwehr. Entscheidungen werden nicht aus Überzeugung getroffen, sondern aus Sorge, etwas falsch zu machen. Verantwortung wird entweder überbetont – oder abgeschoben.

Bernd Frederich nennt zwei zentrale Ausprägungen:

Typ 1: Die Angst vor Schwäche

Dieser Führungsstil entsteht oft durch frühkindliche Erfahrungen von Vernachlässigung oder fehlender Unterstützung. Wer früh gelernt hat: „Ich muss stark sein, um wahrgenommen zu werden“, entwickelt später oft eine besonders kontrollierende, leistungsorientierte Haltung.

  • Überverantwortung und Überengagement
  • Alles besser wissen wollen
  • Delegationsunfähigkeit
  • Keine Schwächen zeigen
  • Mitarbeitende unbewusst entmündigen

Risiko: Das Team wird abhängig, resigniert oder passiv. Eigenverantwortung und Kreativität bleiben auf der Strecke.

Typ 2: Die Angst vor Fehlern

Der zweite Führungstyp entsteht häufig aus einem überbehüteten oder überkontrollierten Umfeld: Fehler wurden nicht als Lernerfahrungen akzeptiert, sondern als persönliches Versagen. Das führt zu einer Führungshaltung, die möglichst risikoarm und unauffällig bleiben will.

  • Perfektionismus
  • Zögerlichkeit in Entscheidungen
  • Mangel an Klarheit oder Richtung
  • Verdeckte Kontrolle statt echter Führung
  • Schuldzuweisungen bei Fehlern

Risiko: Das Team fühlt sich allein gelassen. Fehlende Orientierung erzeugt Unsicherheit und Konflikte.

Führen Sie aus Stärke – oder aus Angst?

Natürlich sind die wenigsten Menschen rein der eine oder andere Typ. Doch die Frage lohnt sich: Welche Anteile erkennen Sie bei sich? In welchen Situationen greifen Sie zu alten Mustern? Wann spüren Sie innerlich Druck – und wie wirkt sich das auf Ihr Team aus?

Emotionale Führungskompetenz heißt, sich selbst führen zu können. Dazu gehört, eigene Trigger zu kennen und den Unterschied zwischen reaktiver und bewusster Führung zu verstehen.

Angst als Führungsmotiv: Was Sie daraus machen können

Angst ist kein „Fehler“. Sie ist ein Signal – oft ein Hinweis auf eine alte Wunde oder ein ungesehenes Bedürfnis. Wer sich diesen Mustern stellt, kann daraus echte Reife entwickeln:

  • Reflexion statt Reaktion
  • Klarheit statt Kontrolle
  • Verantwortung statt Vermeidung

Gerade als Führungskraft lohnt es sich, innezuhalten und ehrlich zu fragen: Was treibt mich an? Bin ich im Modus der Vermeidung – oder der Gestaltung?

Von der angstbasierten Führung zur professionellen Coaching-Kompetenz

Die Theorie von Frederich ist nicht nur ein Diagnosewerkzeug – sie ist eine Einladung zur Weiterentwicklung. Wer sich auf diesen Reflexionsprozess einlässt, legt das Fundament für eine neue Form der Führung: authentisch, präsent und resilient.

Wenn Sie als Führungskraft tiefer einsteigen möchten – oder sich selbst zur Business Coachin bzw. zum Business Coach weiterentwickeln wollen – finden Sie in der VERMEULEN® Methode einen ganzheitlichen Ansatz, der genau hier ansetzt: bei der Verbindung von Selbsterkenntnis, Führungserfahrung und psychologischer Tiefe.

Selbst führen lernen – andere wirksam begleiten

Möchten Sie Ihre eigenen Führungsmuster besser verstehen und gleichzeitig lernen, andere in ihrer Entwicklung professionell zu begleiten?

In der Business Coach-Ausbildung „Spurrillenwechsel® erlernen nach der VERMEULEN® Methode erfahren Sie, wie Sie als Coach wirksam, reflektiert und nachhaltig arbeiten – fundiert, praxisnah und mit persönlicher Tiefe.

Mehr zur Ausbildung erfahren

Diese Beiträge könnten Sie interessieren:

  1. Darf ich vorstellen: der Abschlussjahrgang 2024/25 der Business Coach-Ausbildung
  2. Kaderschmiede – was genau ist damit eigentlich gemeint?
  3. Zeitmanagement: Zwei Bücher, zwei lesenswerte Ansätze
Teilen